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1947 - 1960 Neuenkirchen

Mehr Licht, mehr Sonne, mehr Herrlichkeit

Juli 1946, Hannover, Lutherhaus:

Die „kleine Berufsarbeitskonferenz“ von Landesbischof August Mahrahrens sitzt zusammen. Der Kreis taucht in keinem Statut auf. Formale Beschlussrechte besitzt die Konferenz nicht. Doch informell ringen ihre Mitglieder mit jedem Treffen ganz im Geist der Zeit um das Wohl der geschundenen Menschen in den Nachkriegsjahren. Und da ist vor allem Improvisationstalent gefragt! Der Kreis ist so etwas wie eine Generalstabsrunde im Kampf gegen die allgegenwärtige Not.

Genau vor diesem Hintergrund entscheidet die Konferenz über die Zukunft des damaligen Marinehospitals Farge in Neuenkirchen II. An diesem Tag fassen die Herren den Entschluss, das Hospital in kirchliche Trägerschaft zu übernehmen.

In dem Marinehospital werden vor allem Fremdarbeiter und verschleppte Menschen verarztet. Eine kleine Abteilung steht der deutschen Bevölkerung offen. Dazu gehört auch ein Entbindungsheim mit sechs Betten. Ab April heißt die Einrichtung „Hospital Neuenkirchen“. Die Osterholzer Kreisverwaltung hat die Verwaltung des Hauses mittlerweile völlig aus den Händen der US-Army übernommen und bietet in den Baracken vor allem kranken Deutschen, Flüchtlingen und alten Menschen ein Dach über dem Kopf. Doch noch immer ist das Hospital mehr ein Notbehelf, unrentabel und ohne Verwaltung vor Ort.

Der Kreis macht sich auf die Suche nach einem Träger, der das Hospital übernehmen könnte. „Das Haus war für den Kreis finanziell und personell eine Last“, sagt 1962 ein Osterholzer Kommunalpolitiker.

Versorgungsamt und hannoversche Regierung sprechen den diakonischen „Birkenhof“ in Hannover an. Ihren Vorsteher Pastor Friedrich Wasmuth lässt die Anfrage nicht kalt. Später bekennt der damalige Leiter der „Siechenhäuser der Henriettenstiftung“ in Kirchrode, dass ihm die Not der alten und kranken Menschen besonders am Herzen lag: „Sie stieg in den Jahren 1945 und 1946 so stark an, dass sie einen bis in den Schlaf verfolgte.“ Nachdem Wasmuth wiederholt in Neuenkirchen war und die „kleine Berufsarbeitskonferenz“ beim Landesbischof den Weg geebnet hat, geht alles schnell.

Ganz unspektakulär übergibt der Landkreis am 1. Februar 1947 um 12 Uhr das Hospital dem Birkenhof:

„Wir fügten dem bisherigen Namen das Wort ‚evangelisch‘ hinzu und nannten es Evangelisches Hospital Neuenkirchen“, berichtete Wasmuth.

Wenig später schon werden in den 22 Steinbaracken mit einer Grundfläche von jeweils 12 x 50 m 130 Betten für Bremer Patientinnen und Patienten reserviert, um die bedrängten Krankenhäuser der Hansestadt zu entlasten.

Der Birkenhof will im Hospital knapp 700 Plätze schaffen: 80 Betten für ein Kreiskrankenhaus, 180 für chronisch kranke Menschen, 150 Plätze in einer Abteilung für Geschlechtskranke sowie 280 Betten im „Alters- und Siechenheim“.


Die Einrichtung fühlt sich besonders alten und kranken Flüchtlingen, unverheirateten Müttern und unversorgten Kindern verpflichtet.

Mai 1947:
187 Krankenhauspatienten sowie 101 Menschen im Altenheim; Wasmuth betont, dass ein Haus der Inneren Mission „so viel wie seine Mitarbeiterschaft“ taugt.

Sommer 1948:
Insgesamt 300 Bewohnerinnen und Bewohner; Für Tuberkulosekranke wird eine eigene Abteilung und für „gefährdete, zumeist geschlechtskranke junge Mädchen“ aus fast ganz Niedersachsen eine separate Station eingerichtet. Das Jahr 1948 ist auch der Start für das Kinderheim, weil viele der jungen Mädchen in Neuenkirchen entbinden. Die Eröffnung der Krankenpflege und der Haushaltungsvorschule fallen ebenfalls in dieses ereignisreiche Jahr.

April 1949: 
270 Betten im Krankenhaus, 403 Plätze im Altenheim, 36 Betten im Kinderheim

1957: 10. Jubiläum 
Auf Wunsch des niedersächsischen Sozialministeriums wird zusätzlich eine Abteilung mit 30 Plätzen für behinderte Kinder (Mädchen und Jungen bis acht Jahre) eingerichtet.

Von der Gründung bis zum Frühjahr 1960 erfahren knapp 20.900 Menschen Hilfe in der Zweigeinrichtung des Birkenhofs in Neuenkirchen.


Die wechselvolle Geschichte des Geländes, das der Birkenhof übernahm und zum Evangelischen Hospital Neuenkirchen wandelte, wurde von der Sparte Gedenkstättenarbeit im Heimatfreunde Neuenkirchen e.V. aufgearbeitet. Entstanden ist der "Dokumentations- und Lernort Baracke Wilhelmine". Lesen Sie hier weiter ...